Gregor Schallert im Leiberl der dt. Blood&Honour-Band White Resistance
In der Nacht des vergangenen Sonntags (22.05.) erschoss der Neonazi Gregor Schallert im vorarlbergischen Nenzing 2 Menschen beim Fest eines Motorradclubs, mit einem serbischen Kalashnikov-Nachbau. Ein zweites, identisches Modell befand sich noch im Kofferraum seines Wagens. Von vielen Medien wird diese Tat zu einem Beziehungsstreit verklärt. Zwar wird in den meisten Berichten auf die rechtsextreme „Vergangenheit“ Schallerts hingewiesen, allerdings tut sich die österreichische Medienlandschaft und Öffentlichkeit dann doch zu schwer den Kontext der Tat als politischen zu benennen. Denn, wenn ein Neonazi sich, trotz bestehendem Waffenverbot, 2 Sturmgewehre besorgen kann und damit 2 Menschen erschießt, dann sollte das einige Fragen aufwerfen. Eine öffentliche Debatte über rechtsextreme Organisierung und Gewalt sollte die Folge sein.
Gute Beiträge sind auf Blick nach rechts und Stoppt die Rechten erschienen.
Wir wollen hier versuchen die Entstehungsgeschichte bis zum vorläufigen Zerfall der B&H-Division Vorarlberg nachzuzeichnen, sowie eine Einschätzung über die aktuelle Reorganisierung der Gruppe abzugeben, welche sich derzeit auch im Umfeld der neofaschistischen „Identitären“ herumtreibt. Klar ist, dass Gregor Schallerts Amoklauf in Nenzing nicht aus dem Nichts kam.
Gründung von B&H Vorarlberg
1996 gab es in Vorarlberg erste Organisationsversuche rechter Skinheads. Die „Skinheads Vorarlberg – Verein zur Erhaltung der kulturellen Merkmale der Skinheadbewegung“ wurden allerdings nach knapp einem halben Jahr wegen „Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut“ wieder aufgelöst.
Ab 1997 gab es die Idee einer eigenen Blood & Honour Division Vorarlberg. Die Umsetzung dauerte „wegen eines längeren Knastaufenthalts“ (vgl. BH Fanzine Nr. 1) allerdings noch bis Ende 1998.
In Österreich existierten Ende 1999 Sektionen von Blood & Honour in Vorarlberg, Tirol, und Wien. Zudem zählte sich Blood & Honour Südtirol zur Blood & Honour – Division Österreich.
Die Tiroler Divison löste sich auf nachdem ein führender Aktivist nach Italien ausgeliefert wurde. Und die Division Südtirol wurde von den Behörden zerschlagen.
Zwischen den beiden übrigen Divisionen krieselte es recht bald. 2002 kam es in Wien und Vorarlberg zu Hausdurchsuchungen, bei denen das noch unveröffentlichte Blood & Honour Fanzine Nr. 3 beschlagnahmt wurde (Auflage 1500 Stück). In Folge dessen beschuldigten die Vorarlberger ihre Wiener Kameraden, Namen von Vorarlbergern an die Polizei weitergegeben zu haben.
Am 26.7.2003 krachte es dann bei einem Faschokonzert in Oberösterreich und die beiden Gruppen prügelten sich gegenseitig ins Krankenhaus.
Aktivitäten
Öffentlich war Blood & Honour Vorarlberg vor allem durch eine große Anzahl von Konzerten wahrnehmbar. Später auch durch Angriffe auf Antifa-Demos und gescheiterte Demonstrationsanmeldungen.
Konzerte fanden regelmäßig statt. Zwei sind jedoch hervorzuheben:
Am 12.10.02 fand das größte von Blood & Honour Vorarlberg organisierte Konzert in Hohenems statt. Über 1000 Nazis kamen aus halb Europa. Die VeranstalterInnen richteten extra einen Shuttle-Dienst von naheliegenden Parkplätzen zum Konzertort ein. (Anhang)
Am 9.10.04 fand in Krumbach ein Faschokonzert mit 450 Leuten statt. Hier kam es zu einem folgenschweren Unfall, bei dem eine Konzertbesucherin, aus München, beim pinkeln in einen Bach stürzte und starb. Ihre Leiche wurde 3 Tage später gefunden.
Als Reaktion darauf, wollten die Faschos am 23.10.04 einen Trauermarsch durch Bregenz veranstalten, was aber von den Behörden untersagt wurde. Die Einhaltung des Verbotes wurde von über 160 Bullen an den Grenzübergängen und den Bregenzer Zufahrtsstraßen kontrolliert.
Auch der zweite Versuch eine Woche später wurde von den Behörden unterbunden. Das selbe gilt für einen Aufmarschversuch eine weitere Woche später, in Feldkich unter dem Motto „Türkei und die EU“.
In der darauf folgenden Woche (13.11.04), gab es in Dornbirn eine jährlich stattfindende Antifa-Demo. Am Marktplatz versammelten sich ca 70 Faschos und versuchten die Demo anzugreifen. Dies konnte von der Polizei unterbunden werden. Es wurden 50 Faschos festgenommen.
Faschos beim geplanten Angriff
Faschos rennen weg
Auch im nächsten Jahr wurde die Demo Ziel von Naziattacken, wobei 25 Faschos festgenommen wurden.
Generell gab es zu der Zeit nahezu wöchentlich Naziübergriffe auf alternative Jugendliche und Antifas in Vorarlberg.
Nazibands aus Vorarlberg
Anfang, bzw. Mitte der 00er gab es in Vorarlberg drei international bekannte Faschobands:
Tollschock: kamen aus dem Blood & Honour Umfeld, spielten dutzende Konzerte im In- und Ausland, probten Jahrelang in einem Proberaum eines städtischen Jugendzentrums in Lustenau. Veröffentlichungen: „der erste Schock“, „outlaw melodies“, „shut down the system“ und eine split mit den „tattooed motherfuckers“, sie lösten sich 2005 auf
Mitglieder: Stefan Baldauf, Daniel Hofer, Roland Kuppelwieser, Michael Schaunig
Stoneheads: Haben eine Split Cd mit der US Band „Final War“ („Austrian – American friendship“). Sie werden dem Combat 18 Umfeld zugerechnet. Im Januar 2005 gab es einen Prozess gegen die Band wegen Volksverhetzung und Wiederbetätigung, bei dem die Angeklagten mit geringen Geldstrafen davon kamen.
Mitglieder: Uwe Veljaca, Thomas Heidegger, Robert Lins
Genocide: ist als Nachfolgeband der Stoneheads zu verstehen. Sie veröffentlichten zwei Alben „The Age of Kataklysm“, sowie ein Split mit den Stoneheads
Internationale Rolle von Blood & Honour Vorarlberg
Nachdem Blood & Honour Deutschland, im Jahre 2000 verboten wurde, nutzten die Faschos ihre Kontakte nach Vorarlberg immer häufiger und verschoben in Deutschland untersagte Konzerte, ins Dreiländereck.
Wichtigste Ansprechsperson der deutschen Kameraden war Uwe Veljaca (B&H Vorarlberg) der, 2002, gemeinsam mit Hartwin Kalmus (Ex-B&H Baden) zum Gründungstreffen der Division28, der direkten Nachfolgeorganisation von B&H, auf eine Berghütte im Vorarlberg einlud.
Kalmus und Veljaca werden als Führungspersonen der Division28 gehandelt.
Relativ schnell kam es auch wieder zu den alten Streitigkeiten zwischen denen, die sich als „Real Blood & Honour“ (Musiknetzwerk/Business) verstanden und denen die mit Blood & Honour im Untergrund operieren wollten und für das Konzept „Combat18“ plädierten, wie ihr in diesem AIB-Beitrag nachlesen könnt.
Im Zuge dieser Auseinandersetzung um die Vormachtstellung in der Division28, kam es zu mehreren massiven Auseinandersetzungen.
Am 5.11.2005 überfielen ca. zwei dutzend Leute der Division28 ein Faschokonzert in Mitlechtern(Hessen), verprügelten den Veranstalter und raubten die Eintrittskassa. Die Vorarlberger die „extra 400km weit gefahren sind, um Kameraden zu verprügeln“ waren überall für ihre Gewalttätigkeit bekannt. Auch das könnt ihr in einem Beitrag des AIB nachlesen.
2008 löste sich die Division28 endgültig auf.
Währenddessen gründeten B&H Vorarlberg im August 2007, den Tarnverein „Motorradfreunde Bodensee“ (MFB).
Diese betrieben über zwei Jahre unbehelligt, ein Vereinslokal, in dem einschlägige Veranstaltungen mit BesucherInnen aus dem In- und Ausland stattfanden. (Anhang)
Öffentliche Wahrnehmung erlangten die MFB erst, als im Februar 2009, bei einer Auseinandersetzung im Clubheim des Motorradclubs „Outsider“, der 20 Jährige Neonazi Michael Achberger erstochen wurde.
Zur Beerdigung versammelten sich ca. 100 Neonazis aus dem 3-Ländereck. Danach veranstalteten sie einen Trauermarsch vom MFB-Vereinslokal zum Clubheim der „Outsider“.
Im darauf folgenden Jahr kam es immer wieder zu teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen „Outsider“ und den „Motorradfreunden“ (bzw. B&H). Zum Beispiel verwüsteten Nazis das Clubheim der „Outsider“, oder 30 Personen der beiden Gruppen gingen auf einem Parkplatz mit Eisenstangen, Hockeyschlägern, etc. aufeinander los.
Im Juni 2009 wurden die „Motorradfreunde Bodensee“ behördlich Verboten.
Seither ist es in Vorarlberg merklich ruhiger geworden. Zumindest im öffentlichen Raum ist B&H kaum mehr wahrzunehmen.
Reorganisierung
Das die Gruppe weiterhin besteht, hat sich spätestens seit den Auftritten bei Pegida in Bregenz bzw. den Demos der „Identitären“ am 15.11.2015 in Spielfeld bestätigt. Beim, von den „Identitären“ initiierten, Protest im November vergangenen Jahres in Spielfeld, traten Mitglieder der B&H-Division Vorarlberg geschlossen und im einheitlichen Kleidungsstil auf. Am 28.11.15 traten sogar Kader der „Identitären“ mit Teilen der B&H-Crew gemeinsam am Transpi auf. Verbindungen zwischen den beiden Gruppen sind also offensichtlich.
Weitere eindeutige Hinweise auf die Reorganisierung der vorarlbergischen Neonazi-Szene bieten die Berichte über ein Konzert der ungarischen Neonaziband Indulat. Wie in der Vergangenheit, hätte das Konzert ursprünglich in Deutschland (Thüringen) stattfinden sollen, wurde behördlich untersagt und daraufhin nach Vorarlberg verlegt. Die Kameraden aus Ungarn und der Schweiz trafen sich im Vorfeld des Konzerts an einem Schießstand in Feldkirch. Für die Exekutive scheinbar kein Grund zur Beunruhigung.
Neonazis am Schießstand
Indulat Konzert – Im Hintergrund: das Transpi der Vorarlberger B&H-Crew, hinter dem sie einige Wochen zuvor mit „Identitären“ posierten
Gruppenfotos
v.l.n.r. Marc Jenni, Dominik Widerin, Uwe Veljaca, Sebastian Fuchs, ?, ?, Alex Ruppitsch, ?, Mirko Bijelic, Wolfgang Levstock
vorne v.l.n.r. Dominik Netzer, Dominik Widerin, ?, ?
„Identitären“-Kader: Uwe Aulibauer, Tobias Weissensteiner, Christian Prumetz und Thomas Krobath (rote Markierungen v.l.n.r.) am Transpi mit Teilen der B&H-Crew Vorarlberg: Alex Ruppitsch und Wolfgang Levstock (lila Markierung v.l.n.r.)
Profilbilder
Marc Jenni
Dominik Widerin
Uwe Veljaca ohne Bart
Sebastian Fuchs
Alex Ruppitsch
Mirko Bijelic
Wolfgang Levstock
Dominik Netzer