Nach der Neonazi-Gruppe „Unwiderstehlich“ möchten wir euch heute einen weiteren umtriebigen Zusammenhang der extremen Rechten vorstellen. Es handelt sich hierbei nicht um eine statische Gruppe, sondern vielmehr um einen Kreis Rechtsextremer, der in den letzten Jahren unter verschiedenen Labels versuchte, Fuß zu fassen. Diese Organisierungsversuche waren bisher von Misserfolgen und Spaltung bis zur Bedeutungslosigkeit geprägt und verliefen allesamt eher früher als später im Sand.
Personell handelt es sich bei der Gruppe im Kern um Markus Freisinger, Gerhard Bauer, Christian Arnoth, Siegmund Arnold, Georg Immanuel Nagel.
Neben den handelnden Personen war all diesen mäßig erfolgreichen Projekten die ideologische Ausrichtung gemein:
Zum Einen setzen sie auf nationalistische und (kulturalistisch-) rassistische Hetze gegen Geflüchtete und Muslime unter der Parole des Schutzes vor angeblicher „Überfremdung“, fordern Abschottung und Abschiebungen. Privat verwirklicht sich diese Haltung schonmal in Vernichtungsphantasien oder explizit neonazistischen Statements. Zum Anderen das Motiv des Kampfes gegen „Volksverräter“, sei es die österreichische Regierung, die Justiz oder das beliebte Feindbild des „Gutmenschen“. Das Wording ist weniger verklausuliert und strategisch als beispielsweise bei den „Identitären“, man findet Gewaltaufrufe und Aufrufe zum Sturz der Bundesregierung.
Im Vergleich zu mobilisierungsstarken Gruppen wie den „Identitären“ ist ihr Einfluss marginal. Ihre Aktionen haben bisher selten 20-30 Teilnehmende überschritten. Die einzig nennenswerte Ausnahme stellten die Anfänge von Pegida dar, an dem besagter Personenkreis führend beteiligt war. Sie sind auch bestens vernetzt innerhalb der organisierten Neonaziszene. So sind gute Kontakte zu Unwiderstehlich evident, auch zu den „Identitären“ bestehen vereinzelt Kontakte, wobei diese mit wenigen Ausnahmen nicht über gegenseitigen Veranstaltungsbesuch hinausgehen. Normalerweise sind die „Identitären“ gegenüber den Oldschoolern eher um Abgrenzung bemüht. Auch ins rechte Hooligan-Milieu gibt es Kontakte, so ist Siegmund Arnold gut mit der Rechtsextremen in der Austria-Fanszene bis hin zu Unsterblich vernetzt. Markus Freisinger gründete im Sommer 2015 die FB-Seite „Werwölfe Rapid Wien“, die sich als Fangruppe bezeichnen und sogar offiziellen Fanklub-Status haben, im Stadion aber noch nicht aufgefallen sind. Vernetzung über die österreichischen Landesgrenzen hinaus verfügt der Zusammenschluss ebenfalls über Siegmund Arnold, der zum Beispiel guten Kontakt zu den Hauptfiguren von PEGIDA in Deutschland, Edwin Wagenveld und Tatjana Festerling hat.
Pegida – Chronologie des Scheiterns
Die erste Pediga-Kundgebung im Februar 2015 konnte im Rückenwind der erfolgreichen Mobilisierungen in mehreren deutsche Städten mehreren hundert Teilnehmer_innen mobiliseren. Auf dieser agierte beispielsweise Markus Freisinger als Ordner, Siegmund Arnold als Anmelder und Georg Immanuel Nagel fungierte als Pressesprecher, beide waren auch an der Organisation führend beteiligt. Unter den Teilnehmer_innen der Kundgebung fanden sich mehrere Kader von „Unwiderstehlich“, aber auch eine Delegation der neofaschistischen „Identitären, welche die Kundgebung für Interviews und zum Verteilen eigener Flyer nutzten. Der geplante Demonstrationszug durch die Innenstadt wurde durch antifaschistische Blockaden am Versammlungsort von Pegida verhindert, die ausharrenden Pegida-Teilnehmer_innen schlussendlich polizeilich gekesselt und kontrolliert. Auch einige Hitlergrüße wurden dokumentiert.
Nach dieser Pleite fiel die zweite Pegida-Kundgebung – diesmal hatte man vorsorglich auf einen Marsch von vornherein verzichtet und sich von der Polizei eingittern lassen – bedeutend kleiner aus. Vielleicht hundert Personen fanden sich am 19. April im Resselpark ein. Offensichtlich hatte man mit mehr Anklang gerechnet und selbst der eigens aus der Schweiz angereiste Gastredner Ignaz Bearth konnte nicht über die langen Mienen und die Tatsache, dass Pegida in Österreich am absteigenden Ast ist, hinwegtäuschen. Auch beim zweiten Kundgebungsversuch waren Kader von Unwiderstehlich, beispielsweise Kalcher-Cibulka, anwesend. Während der Kundgebung wurde selbst von der Bühne aus aber auch mehrfach auf dem Publikum heraus der Kühnengruß gezeigt. Unter den Ordnern fand sich auch diesmal Markus Freisinger und Christian Arnoth, ohne Weste war Siegmund Arnold zugegen. Freisinger hatte im Vorfeld aktiv nach Demoordnern gesucht und dabei auch Unwiderstehlich angefragt. Auch ein kleines Gruppen „Identitärer“, darunter Kader wie Huemer, Sellner und Rusnjak, kamen trotz der Blamage beim ersten Anlauf ein weiteres Mal zu Pegida.
Auf der dritten Kundgebung wurde Pegida endgültig zu Grabe getragen. Höchstens einige Dutzend Teilnehmer_innen verirrten sich auf den Columbusplatz, einige der Rechtsextremen gingen erst gar nicht in der menschenleeren Kundgebungsbereich sondern blieben in der angrenzenden Gastronomie und beobachteten die traurige Darbietung aus der Distanz. Georg Immanuel Nagel – nach wie vor Pressesprecher – hatte an diesem Tag wohl wenig zu tun. Der Niedergang ging mit heftigen internen Konflikten einher, die zu unabgesprochenen Aktionen bis hin zu einer Vereinsgründung führten, die am Ende in einem Gerichtsprozess ebenjenem und seinem „Berater“ Markus Goritschnig (Pressereferent der FPÖ Mariahilf) wegen Nötigung und Körperverletzung gipfelten.
Der zweite Anlauf: Die Partei des Volkes (PdV)
Nach dem späten Eingeständnis, dass der Versuch, PEGIDA in Österreich zu etablieren, gescheitert war, verlegten einige der Akteure dahinter ihre Tätigkeiten auf die Wiener Abteilung der neonazistischen PdV. Auch das lief alles andere als konfliktarm ab: So distanzierte sich Pegida Wien auf Facebook öffentlich von der PdV und deren Aktivitäten. Insbesondere Gerhard Bauers Aktivitäten in der PdV sind herauszuheben, so trat er öffentlich als deren Sprecher auf, hielt Reden auf Demonstrationen und bei Stammtischen. Diese Tätigkeit stellte er jedoch aufgrund eines Konfliktes um die Unterstützung des Präsidentschaftskandidaten der EU-Austrittspartei ein. Die Spaltung führte dazu, dass am 5. März 2016 parallel EU-Austrittspartei und PdV zu Kundgebungen in Wien aufriefen, beinahe zeitgleich. An der PdV-Kundgebung am Minoritenplatz nahm ein Großteil der Mitglieder von Unwiderstehlich Wien teil, die Kundgebung des Marschall-Flügels vor dem Donauzentrum war eher spärlich besucht:
Scheitern reloaded: Die Freie heimatliche Bewegung (FHB) und Verein Okzident
Mit der Spaltung der PdV entstand auch ein neues Projekt: Die FHB. Seit Anfang 2016 ist sie auf Facebook als Page zu finden, seitdem werden täglich mehrere Postings verbreitet, im Juni veröffentlichte sie ihr Parteistatut. Dessen Inhalte sind wenig überraschend: Einmal mehr soll das christliche Abendland vor dem Islam beschützt und die „nationale Identität“ erhalten werden. Seitdem trat sie abseits des Internets nur sehr sporadisch in Erscheinung. Erstmals wurden von der Mahnwache für die Opfer des Terroranschlags in Berlin im Dezember Fotos einer Demo auf der Seite veröffentlicht. Darauf zu sehen: Alte Bekannte. Gerhard Bauer, Georg Immanuel Nagel und Markus Freisinger. Im Mai hatten sie ihre einzige eigene „Aktion“ bisher. Ein Minibanner an einer Unterfrühung in einem Industriegebiet im 21. Bezirk, hinter dem Gerhard Bauer zu sehen ist. Es bleibt abzuwarten, ob die FHB weiterhin auf diesem niedrigen Niveau bleibt.
Abseits dieser eigenen Organisierungsversuche sind die Personen auch auf beinahe jeder rechtsextremen Kundgebung anzutreffen. So beispielsweise auf der ach so „parteiunabhängigen“ Kundgebung gegen CETA, die von FPÖ-Ordnern gesichert wurde und auf der Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer Hauptredner war. Den Endpunkt am Ballhausplatz nutzten sie einmal mehr, um sich – diesmal mit eigens gedrucktem Spruchbanner gegen CETA- aufs Deserteursdenkmal zu stellen. Arnoth wurde vor kurzem von Antifaschist_innen an seinen Arbeitsplatz in Neubau geoutet. Georg Immanuel Nagel schreibt neben diversen rechtsextremen Medien von zurZeit bis zur Blauen Narzisse auch für das neonazistische Metapedia-Portal. Im August 2015 gründeten Nagel und der Klerikalfaschist Alfons Adam den Verein Okzident. Hin und wieder werden Vorträge veranstaltet und einmal im Monat findet ein Stammtisch, entweder in der BrauBar oder bis vor Kurzem im Café Weingartner statt.